Alles, was du schon immer über Schnellladen wissen wolltest

 

 

 

Was ist Schnellladen? Wie funktioniert es? Wie schnell kann es wirklich werden? Unser Ladeexperte Luc Bronk hat eine Einführung verfasst, um diese Fragen zu beantworten.

Die Grundlagen

Dieser AC/DC-Wandler ist ein Teil dessen, was wir Ladegerät nennen. Ladegeräte können entweder in das Fahrzeug als On-Board-Ladegerät integriert werden, oder sich außerhalb des Fahrzeugs befinden (zum Beispiel ein Schnellladegerät). Heutzutage hat praktisch jedes elektrische Fahrzeug ein kleines On-Board-Ladegerät. Du kannst ein Kabel für die Verbindung des On-Board-Ladegeräts mit einer normalen AC-Steckdose in deiner Garage oder zum Einstecken in eine Ladestelle benutzen. Diese Ladestelle liefert den benötigten AC für das On-Board-Ladegerät zum Aufladen deines Akkus. Eine Ladestelle ist also in Wirklichkeit kein Ladegerät, sondern eine intelligente Steckdose zum Einstecken deines Ladekabels.

Umwandlung von DC in AC-Strom

Der Hauptunterschied zwischen Gleichstrom und Wechselstrom besteht darin, dass Gleichstrom eine konstante Spannung liefert. Stell dir eine stabile, gerade Linie vor, in der die Elektronen in eine Richtung fließen. Wie der Name schon sagt,  schwankt der Wechselstrom. Die Spannung wechselt periodisch von positiv zu negativ und wieder zurück, wodurch eine Wellenlinie entsteht.

Wenn du schneller laden möchtest, muss der AC/DC-Wandler und deshalb das Ladegerät größer sein. Ein größeres Ladegerät ist jedoch schwerer, nimmt mehr Platz im Auto ein und bringt zusätzliche Komplexität sowie Kosten für das Fahrzeug mit sich. Darüber hinaus muss jede Komponente in einem Fahrzeug automobil klassifiziert sein, um einen zuverlässigen Betrieb für die Lebensdauer des Fahrzeugs zu gewährleisten. Deswegen entscheiden sich viele Fahrzeughersteller zur Optimierung zwischen diesen Faktoren für ein relativ kleines, und somit langsames On-Board-Ladegerät.

Schnelles Laden ist anders

Ein externes Ladegerät, das die AC/DC-Umwandlung vornimmt, kann viel größer, schwerer und teurer sein als ein eingebautes Ladegerät. Aber es ist auch viel schneller. Deshalb werden sie in der Regel als "DC-Schnellladegeräte" oder einfach als "Schnellladegeräte" bezeichnet. Ein gängiges Schnellladegerät liefert 300 kW, womit ein Fahrzeug etwa 25 bis 80 Mal schneller geladen wird als mit einem bordeigenen Ladegerät. Die nächste Generation von Schnellladegeräten wurde Anfang 2023 eingeführt und liefert 400 kW. Mehr zu den Auswirkungen dieser Entwicklung später.

Wie das Schnellladen funktioniert

Ein Fahrzeugakku besteht aus vielen Zellen. Eine einzelne Zelle ist einer wiederaufladbaren Batterie, die du zuhause verwendest, sehr ähnlich, nur eben größer. Ein Lucid Air mit einem 112 kWh Akkupack enthält 6.600 einzelne Zellen. Ein BMW i3 mit einer 21,6 kWh-Batterie hat nur 96 Zellen, aber seine Zellen sind größer als die von Lucid verwendeten Zellen. Zusammen mit der gesamten Verkabelung und Verpackung bilden die Zellen das Akkupaket, wie unten abgebildet.

"Heutige Akkus sind so konzipiert, dass sie schnell aufgeladen werden können."

BMW i3 Akkupaket

Heutige Akkupakete sind für das Schnellladen ausgelegt. Der Antriebsstrang des BMW i3 zum Beispiel ist auf 125 kW Spitzenleistung und 75 kW Dauerleistung ausgelegt, während die Schnellladung mit 50 kW erfolgt.

Lebensdauer des Akkus

Was du vielleicht nicht weisst: Akkus in Fahrzeugen werden im täglichen Gebrauch nie zu 100 % genutzt. Und das aus gutem Grund. Sowohl die Automobil- als auch die Schnellladeindustrie haben gelernt, wie man Fahrzeugakkus effizient nutzen kann. Die neueste Generation von Elektroauto-Akkus ist so ausgelegt, dass sie einen Ladezustand zwischen 10 % und 90 % beibehält. Wenn wir den Ladezustand zwischen diesen Parametern halten, können wir die Lebensdauer der Batterie verlängern und die (Schnell-)Ladekapazität maximieren.

Die nutzbare Kapazität des 78,1 kWh großen Tesla Model Y Long Range Akkupakets beträgt beispielsweise rund 75 kWh oder etwa 90 bis 95 % der Gesamtkapazität. Die Differenz von 3,1 kWh wird als Reserve verwendet, um die Auswirkungen des Ladens und Entladens "abzufedern". Das Akkupaket wechselt automatisch zwischen etwa 5 % und 95 % des Akkupakets. All dies wird vom Batteriemanagementsystem (BMS) gesteuert und ist für den Fahrer völlig unsichtbar;

Es gibt viele Faktoren, die die Akkulebensdauer beeinflussen, darunter Temperatur, Alter des Akkus, Akkugröße, chemische Zusammensetzung, Dauer der Vollladung und Anzahl der Lade-/Entladezyklen. Untersuchungen zeigen, dass die häufige Verwendung von Schnellladegeräten die Lebensdauer des Akkus kaum beeinträchtigt, wenn sie mit dem Tesla Model Y getestet wird. Generell gilt, dass ein Akku länger hält, wenn seine Größe zunimmt, weil weniger Lade- und Entladezyklen für die gleiche Laufleistung erforderlich sind.

"Häufige Verwendung von Schnellladegeräten beeinträchtigt die Akku-Lebensdauer kaum"

Warum Ampere und Volt wichtig sind

Die Leistung (ausgedrückt in Watt) ist das Produkt aus Spannung (Volt) und Stromstärke (Ampere). Für eine schnelle Aufladung brauchst du beides. Stell dir die Spannung (V) als den Wasserdruck und die Stromstärke (A) als die Größe des Wasserhahns vor. Wenn du schneller mehr Wasser haben willst, musst du den Wasserdruck erhöhen und/oder den Durchmessers des Wasserhahns vergrößern. Unsere Schnellladegeräte tun beides, eben für Strom.

Üblicherweise spricht man von Schnellladen, wenn die Geschwindigkeit 50 kW oder mehr beträgt. In Bezug auf Spannung und Stromstärke bedeutet das 400 V und 125 A (400 * 125 = 50.000 W = 50 kW). 

Warum genau 400 V? Das liegt an den Akkus der Autos. Die meisten Akkus arbeiten heute bei voller Ladung mit etwa 400 V. 

Warum 125 A? Das liegt an den Ladegeräten. Die meisten 50-kW-Schnellladegeräte können einen maximalen Strom von 125 A liefern.

Glücklicherweise ist die Entwicklung von Schnellladegeräten in vollem Gange, und unsere neuesten 400-kW-CCS-Ladegeräte können bis zu 500 A und bald bis zu 600 A liefern. Wir sprechen also über einen größeren Wasserhahn!

Gut zu wissen

Wenn ein Akkupaket nicht vollständig geladen ist, ist die Spannung niedriger - z. B. 325 V. Die Spannung steigt während des Ladevorgangs allmählich an, was sich positiv auf die effektive Ladegeschwindigkeit auswirkt (siehe blaue Linie in der Grafik, die einen Schnellladevorgang eines 30 kWh-Nissan Leaf zeigt). Der Strom kann vom Schnellladegerät auf der Grundlage der vom BMS empfangenen Anweisungen erhöht oder verringert werden (siehe gelbe Linie im nachstehenden Diagramm).

Dein Auto regelt die Ladegeschwindigkeit

Ein häufiger Irrtum ist, dass Akkus in Elektroautos sich geradlinig aufladen und dass sie immer mit maximaler Leistung laden. Dies ist nicht der Fall. In fast allen Situationen ist es das Fahrzeug, das die Ladegeschwindigkeit bestimmt.

Das funktioniert folgendermaßen: Während des Schnellladens findet eine ständige Kommunikation zwischen dem BMS und dem Schnellladegerät statt. Das BMS weist das Schnellladegerät an, die Ladegeschwindigkeit einzustellen. Diese Geschwindigkeit wird in der Regel in Kilowatt (kW) angegeben. Wird ein Auto 1 Stunde lang mit 50 kW aufgeladen, werden 50 kWh Energie in die Batterie geladen. Im Durchschnitt verbraucht ein Elektrofahrzeug 1 kWh, um 5 km weit zu fahren. Einige Fahrzeuge wie Tesla geben die Ladegeschwindigkeit auch in Kilometern Reichweite pro Stunde Ladezeit an. So entsprechen 50 kW etwa 250 km/h pro Stunde ("250 km Reichweite in 1 Stunde").

Wodurch wird die Geschwindigkeit beim Laden beeinflusst?

Akkukapazität

Grundsätzlich kann ein größeres Akkupaket schneller aufgeladen werden. So kann ein Tesla Model S mit einer großen 100-kWh-Batterie mit höherer Leistung geladen werden als ein BMW i3 mit einer 21-kWh-Batterie. Das ist auch der Hauptgrund, warum die aktuellen Plug-in-Hybrid-Elektrofahrzeuge (PHEV) nicht schnell laden können: Ihre Batterien sind einfach zu klein. Die meisten PHEV-Hersteller bauen die zusätzliche Hardware (z. B. zusätzliche Anschlüsse und Kabel) nicht in das Fahrzeug ein.

State of Charge (SoC) bzw. Ladestand

Wenn der Akku fast vollständig geladen ist, sinkt die Ladegeschwindigkeit, um eine Überhitzung der Akkuzellen zu verhindern. Normalerweise sinkt die Geschwindigkeit bei 80-90 % SoC, und der Ladevorgang verlangsamt sich weiter in Richtung 100 % SoC. Das ist der Grund, warum das Schnellladen zwischen 0 % und 80-90 % SoC am effektivsten ist. Wie bereits erwähnt, sind die neuesten Akkus sogar so eingestellt, dass sie einen Ladezustand von 10-90 % beibehalten.

Akkutemperatur

Akkuzellen arbeiten am effektivsten zwischen 20-25 Grad Celsius. Wenn die Akkutemperatur zu niedrig oder zu hoch ist, reduziert das BMS den angeforderten Strom, um die Gesundheit der Akkuzellen zu schützen. Wenn der Akku mit einem Heiz- oder Kühlsystem ausgestattet ist (z. B. beim BMW i3), aktiviert das BMS dieses System, um die Zelltemperatur zu kontrollieren. Beachte, dass die Akkutemperatur nicht nur von der Außentemperatur beeinflusst wird, sondern auch von (Autobahn-)Fahrten und (Schnell-)Ladevorgängen, die im Regelfall die Akkutemperatur erhöhen.

Akku-Chemie

Bei der Entwicklung eines Akkus müssen die Hersteller über Größe, Gewicht, Kosten, Lebensdauer und Leistung eines Akkus entscheiden. Je nach Zielgruppe des Fahrzeugs können sie beispielsweise Kompromisse bei der Akkuleistung zugunsten von Kosten und Gewicht eingehen. Alternativ kann ein Fahrzeug der oberen Preisklasse eine bessere Leistung aufweisen und eine Temperaturregelung für den Akku beinhalten, was wiederum mit einem höheren Preis verbunden ist.

Die Entwicklung der Ladekurve

Die Grafik zeigt die Ladekurven von zwei  Generationen von BMW i3 Akkus (22 kWh und 33 kWh). Die Ladekurve ist für jede Fahrzeugmarke und jedes Modell unterschiedlich. Hier findest die Ladekurven für die gängigsten Fahrzeuge.

"Bei Fastned können alle Ladegeräte in der Regel mit voller Leistung arbeiten, unabhängig von der Anzahl der Fahrzeuge, die am selben Ort geladen werden."

Auswirkungen von Schnellladegeräten auf die Ladegeschwindigkeit

Schnellladegeräte können die Geschwindigkeit, mit der ein Fahrzeug geladen werden kann, begrenzen. Wenn ein Schnellladegerät auf 50 kW ausgelegt ist, wird es nie mehr Leistung bereitstellen, auch wenn das Fahrzeug möglicherweise schneller geladen werden kann. Auch kann es Einschränkungen bei der Netzanbindung geben, oder mehrere Ladegeräte an einem Standort können sich die Leistung teilen, was dazu führen kann, dass ein Schnellladegerät nicht die volle Leistung liefern kann.

Laden mit Höchstleistung

Derzeit gibt es nur zwei offene Schnellladestandards: "CCS" und "CHAdeMO".

Das kombinierte Ladesystem (Combined Charging System, CCS) wurde von sieben Automobilherstellern entwickelt und war ursprünglich für Ladeleistungen bis zu ~80 kW (bei 400 V) ausgelegt. Der Standard wird von CharIN gefördert und von einer großen Anzahl von Autoherstellern und Ladegeräteherstellern in der ganzen Welt unterstützt.

CHAdeMO wurde bereits 2010 von der CHAdeMO Association entwickelt und ist eine Initiative der japanischen Automobilhersteller. Der ursprüngliche Entwurf ermöglichte das Laden mit bis zu 50 kW (bei 400 V).

Fastned ist Mitglied beider Organisationen und wir bieten diese Standards an allen unseren Stationen an. Es ist unwahrscheinlich, dass du an einem Fastned-Standort ein Ladegerät findest, das nicht die Spitzenleistung deines Fahrzeugs erreicht. Ab 2023 hat Fastned mit der Installation von 400 kW Ladegeräten begonnen. Derzeit gibt es auf dem Markt keine Fahrzeuge, die mit dieser Geschwindigkeit laden können.

Reichweitenerhöhung je 10 Minuten Ladezeit

Der Wettlauf um schnellere Ladezeiten hat begonnen

Immer mehr Fahrzeuge laden mit einem höheren Spitzenwert. Derzeit gibt es immer mehr Fahrzeuge mit einer 800-V-Infrastruktur in ihrem Akku. Wächst die Spannung, kann das Auto schneller geladen werden. Im Sommer 2023 debütierte der Lotus Eletre auf dem europäischen Markt mit einer Spitzenladeleistung von 350 kW. Dies ist das bisher am schnellsten aufladbare Fahrzeug (Stand: Oktober 2023).

Inzwischen drängen auch die traditionellen Autohersteller mit Fahrzeugen auf den Markt, die schneller laden können. Porsche arbeitet an einer neuen Version seines Taycan, die mit 320+ kW laden kann, und Audi wird seinen neuen Q6 e-tron mit einer Spitzenladeleistung von 270 kW bei einem 100 kWh-Akku vorstellen. Die bisherigen Audi-Modelle 2023 Q8 e-tron (170 kW) & 2021 Audi Q4 e-tron (175 kW) waren nicht in der Lage, mit diesen hohen Geschwindigkeiten zu laden.

Diese Ankündigungen zeigen, dass der Wettlauf um schnellere Ladevorgänge im Gange ist. Es ist inzwischen auch klar, dass ein Netz von Schnellladestationen erforderlich ist, um die Einführung dieser nächsten Generation von Elektrofahrzeugen zu unterstützen, da die meisten anderen Formen des Ladens einfach nicht in der Lage sein werden, die neuesten Akku-Fortschritte zu unterstützen.

Aufbau der Ladeinfrastruktur der nächsten Generation

Viele Fastned-Stationen sind mit 300 kW-Ladegeräten ausgestattet. Fastned verfügt über Netzanschlüsse, die das gleichzeitige Laden von 4-8 Autos mit bis zu 300 kW unterstützen. Auch andere Fastned-Stationen können problemlos mit einem größeren Netzanschluss aufgerüstet werden. Weitere Kapazitäten können in Zukunft durch die Einführung einer Akkupufferung vor Ort und/oder durch eine weitere Erhöhung der Kapazität der Netzanschlüsse hinzugefügt werden. Das Konzept unserer Stationen ist bereits auf einen maximalen Durchsatz an Fahrzeugen ausgelegt. Wir haben unser erstes 400-kW-Ladegerät im Dezember 2022 installiert und werden den Einsatz von 400-kW-Ladegeräten in den kommenden Jahren fortsetzen.

Du kannst @fastned für die neuesten Nachrichten folgen und mir @lucbronk (Commercial Activation Manager) oder @rolandvanderput (Energy Sourcing Manager) für weitere Einblicke rund um das Thema Schnellladen.